Ziele erreichen

Ein Ziel ohne Plan ist nur ein Wunsch.

Das wissen Sie wahrscheinlich. Und auch, was zu einem ordentlichen Plan gehört:

1) Ziel finden

Rauskriegen, was man wirklich will.

2) Konkret werden

Quantifizieren statt pauschalisieren.

3) Ziele priorisieren

Die Reihenfolge der Ziele gewichten und nacheinander in Angriff nehmen.

4) Meilensteine festlegen

Ziel planen, Zwischenschritte definieren und zeitlich festlegen.

5) Ziel steuern

Rückmeldungen einholen, Vorgaben korrigieren, Prozess erneut überprüfen.

Und nun habe ich eine Frage an Sie:

Warum erreichen die meisten Menschen ihre Ziele, sei es im Job oder privat, nicht oder nur unvollständig, obwohl sie das alles wissen?

Pläne realisieren klingt doch nun wirklich nicht nach Raketentechnik – und doch ist es so schwer. Was sind die Gründe?

Grund 1: Wir sind nicht vernunftgesteuert

In meinen Seminaren und Trainings und in meinem eigenen Leben wird mir immer wieder klar, dass die oben genannten Strategien nur den bewussten, vernunftgesteuerten Teil in uns ansprechen. Und der ist nicht der Bestimmer.

Die wahren Entscheidungen fallen im Bauch

Hirnforscher, Biologen und Verhaltensforscher sind sich weitgehend einig: Der Anteil unserer vernunftgesteuerten Entscheidungen ist verschwindend gering gegenüber dem gewaltigen Anteil der Entscheidungen, die wir rein emotional treffen. Experten sagen, unsere Entscheidungen sind mindestens zu 96 % emotional. Vielleicht sind es auch 99 %, wer will das schon so genau wissen. Festzuhalten bleibt:

Den überwältigen Anteil unserer Entscheidungen haben wir längst getroffen, bevor wir auch nur anfangen zu denken.

Wie soll dann ein Plan, der nur unseren Verstand anspricht und sei er auch noch so clever, funktionieren? Er erreicht ja den wichtigsten Teil gar nicht – das kann nicht klappen!

Grund 2: Motivation braucht Emotion

Um den emotionalen Teil in uns anzusprechen, müssen wir wissen, wie Verstand und Bauch zusammenhängen. Mir hat ein prägnantes Bild geholfen, die inneren Vorgänge besser zu verstehen. Es stammt von Jonathan Haidt: Er vergleicht den Verstand und die (unbewusste) Emotion mit einem Reiter, der auf einem Elefanten sitzt. Der Reiter repräsentiert den rationalen Teil in uns. Er kann analysieren, vorausplanen und strategisch denken, während der Elefant für den emotionalen, triebgesteuerten Teil in uns steht, der Schmerzen vermeiden und Freude maximieren will. Der Reiter denkt an die Zukunft, der Elefant lebt nur in der Gegenwart und besteht auf sofortiger Belohnung.

Nachhaltiges Verhalten wird durch Gedanken und Gefühle gestärkt

Das Reiter-Elefant-Bild macht deutlich: Wenn sich beide uneinig sind, wohin die Reise geht, kann der Reiter kurzfristig den Elefanten dominieren und eine Kursänderung erzwingen. Jedes Mal, wenn wir unsere Willenskraft einsetzen, tun wir genau das. Irgendwann aber sind die Kräfte des Reiters erschöpft und der Elefant marschiert unbeeindruckt in seine Richtung.

Der Elefant und sein Reiter symbolisieren Emotion und Verstand

Der Reiter und der Elefant sind sich häufig nicht einig: Will ich Diät halten oder mich mit Essen belohnen? Will ich Sport machen oder meine Ruhe haben? Erst wenn die beiden sich einigen, oder zumindest miteinander reden (!), können Ziele nachhaltig erreicht werden.

Es darf leicht gehen

Und das Beste: Wir erreichen sie wesentlich leichter, weil der ausdauernde, stärkste Teil in uns, der über unerschöpfliche Kraftreserven verfügt – der Elefant – mitmacht. Jetzt sind wir buchstäblich nicht mehr zu stoppen.

Wenn Verstand und Emotion im Einklang sind, können Elefant und Reiter gemeinsam buchstäblich fliegen

9 Schritte, um Ihr Ziel zu erreichen:

So schalten Sie den Turbo an.

Geben Sie sich selbst die innere Erlaubnis, Ihre Ziele zu erreichen.

1) Suchen Sie sich Unterstützung

Wer regelmäßig laufen gehen will, sollte sich z. B. einer Laufgruppe anschließen. Die Verpflichtung den Anderen gegenüber wirkt stärker als nur das Versprechen an sich selbst. Bei Verhaltensänderungen im Beruf holen Sie einen Menschen aus Ihrer Abteilung, dem Sie vertrauen, mit ins Boot. Er oder sie muss nicht besonders ausgebildet sein. Allein die Tatsache, dass dieser Mensch von Ihrem Vorhaben weiß und Sie ihm versprechen, Bericht zu erstatten, kann helfen, Gewohnheiten zu verändern.

2) Trainieren Sie Dankbarkeit

Scrabble Danke schön

Ich wende diese Übung jeden Abend vor dem Einschlafen an: Wofür bin ich heute dankbar? Das kann ein kurzes Gespräch sein, die pünktliche Bahn, ein guter Kaffee. Und was habe ich heute in welcher Situation gut gemacht?

Es müssen nicht immer die großen Durchbrüche sein.

Es geht auch um die kleinen Dinge, die das Gefühl von Dankbarkeit in uns hervorrufen. In diesem Moment nehmen wir automatisch eine freudige, glückliche und respektvolle Haltung uns selbst gegenüber ein. Ein besserer Turbo ist gar nicht denkbar.

3) Belohnen Sie sich für erreichte Zwischenziele

Im nächsten Schritt sollten Sie sich für jeden vollbrachten Schritt belohnen und die Belohnung vorher festlegen.

Vorfreude und Stolz auf das Erreichte sind ein toller Antrieb für unseren Elefanten.

4) Übertragen Sie vorhandene Qualitäten auf einen anderen Bereich.

Ganz oft haben wir eine bestimmte Fähigkeit längst entwickelt, und zwar in einem weniger bis gar nicht sanktionierten Bereich. Machen Sie sich klar: Die Fähigkeit an sich ist schon gelernt, nur ist sie noch nicht in allen Bereichen „angekommen“.

Beispiel: Emotionen in den Griff bekommen

Karoline F. arbeitet bei der Hotline der kommunalen Verwaltung einer deutschen Großstadt und hat dort oft mit konfliktbeladenen Gesprächen zu tun. Die Anrufer sind z. T. respektlos und aggressiv. Karoline F. leidet sehr darunter: „Ich werde dann manchmal so wütend, dass ich zurückschieße. Und dann bekomme ich vom Chef nachher wieder eins auf den Deckel, weil sich der Kunde beschwert hat. Ich will mir aber auch nicht alles gefallen lassen. Was kann ich bloß tun?“ Im Coaching erzählt sie, dass sie einen behinderten Bruder hat, der oft ausfallend und wütend wird, auch gegen sie. Und dass sie es bei ihm immer wieder schafft, ruhig und klar zu kommunizieren. Das fällt sogar der Mutter auf. Der Gedanke, dass sie diese längst vorhandene Kompetenz auch auf ihren Beruf übertragen könnte, verblüfft sie zunächst. Bei der nächsten Coaching-Sitzung ist sie dann sehr zufrieden: Ich habe die Art, wie ich mit meinem Bruder umgehe, einfach auf die Kunden übertragen. Das funktioniert erstaunlich gut!“

Das können Sie auch: Ziehen Sie die Kompetenz, die Sie in einem Bereich erworben haben, ganz bewusst auf ein anderes, schwächeres Gebiet hinüber. Sagen Sie sich:

„Was ich da so souverän tun kann, kann ich hier auch entwickeln!“

Psychologen nennen das Kompetenztransfer, getreu nach dem Motto:

Es ist so viel einfacher, Stärken zu stärken, als Schwächen zu schwächen.

Elefanten lieben alles, was leicht geht. Und hier können Sie versprechen: Das muss ich nicht lernen, das KANN ich schon! Das erzeugt Hoffnung. Und Hoffnung ist der Treibstoff, mit dem unser Elefant weitergeht.

5) Stellen Sie sich selbst ein Zertifikat aus.

Stellen Sie sich vor, den Führerschein für eine bestimmte Fähigkeit, die Sie sich aneignen wollen, bereits in Händen zu halten und geben Sie sich selbst schriftlich die Erlaubnis, diese Kompetenz jetzt zu erwerben. Machen Sie es ganz konkret:

Hiermit habe ich (…) die Erlaubnis, neue Fähigkeiten auf dem Gebiet des (…) und des (…) zu erwerben.

Das klingt möglicherweise bescheuert, aber wenn Sie sich so ein selbst gebasteltes (liebevoll gestaltetes?) Zertifikat jeden Tag einmal anschauen,

setzen Sie in Ihrem Unterbewusstsein ungeahnte Kräfte frei.

Probieren Sie es aus.

6) Finden Sie Verbündete in Ihrer Verwandtschaft.

Wir sind ja nicht vom Baum gefallen, sondern stehen, auch wenn uns das selten bewusst ist, in einer langen Familientradition. (Ganz oft denken wir, wir müssten das Rad neu erfinden, dabei gibt es das schon lange.) Wenn man sich die Reise der Menschheit durch die Zeit bis in die Gegenwart auf einem Zahlenstrahl als Länge von zwei Kilometern vorstellt, dann entspricht ein durchschnittliches heutiges Leben 2,5 Zentimetern.

Den Erfolg unserer Vorfahren nutzen

Auch in Ihrem Familiensystem haben in den Generationen vor Ihnen zahlreiche Menschen Fähigkeiten bei sich entdeckt und weiterentwickelt, auf die Sie sich bewusst beziehen können. Nehmen Sie sich die Zeit und forschen Sie ein wenig in Ihrer Familienchronik nach. Wenn Sie selber darüber zu wenig wissen, fragen Sie ältere Verwandte. In den meisten Fällen werden die sich darüber freuen, ihr Wissen weitergeben zu dürfen. Knüpfen Sie ganz bewusst an Stärken an, die in Ihrer Familie oder weiteren Verwandtschaft gelebt wurden. Im Grunde gibt es in jedem Familienclan starke Persönlichkeiten, die in ihrer Zeit viel geleistet haben.

Beispiel: Gedanken, die Kraft geben

Daniela K. stellt bei so einer Nachforschung überrascht fest, dass ihre Urgroßmutter ein freier Geist war, der sich gegen die damals herrschenden Traditionen behauptet und selbstbewusst ein Leben gelebt hat, das in dieser Zeit für Frauen eigentlich gar nicht vorgesehen war. Sie hat auf sich gestellt ihre Kinder (darunter die Großmutter von Daniela) alleine großgezogen und immer mit Kraft und Optimismus nach vorne geblickt. „Unterkriegen is nich!“ war der überlieferte Spruch von ihr. Daniela fühlt sich dieser ihr bis dato unbekannten Vorfahrin im tiefsten Inneren verwandt (was ja auch der Fall ist). Um die Verbindung konkret erfahrbar zu machen und emotional zu verankern, stellt sie ein Foto von ihr auf und geht in Gedanken bewusst in Kontakt mit ihr. „Ich bitte dich, schau freundlich auf mich und unterstütze mich bei meinen Zielen.“ Obwohl sie diese Urgroßmutter niemals kennengelernt hat, ist der Gedanke, eine Vorreiterin in ihrer Familie zu haben, eine Vorstellung, die ihr sehr viel Kraft gibt.

7) Visualisieren Sie Ihr Ziel.

Wenn Sie sich Ziele setzen, stellen Sie sich so konkret wie möglich vor, was Sie erreichen möchten. Verwenden Sie dafür plastische und sinnliche Bilder, die so gegenständlich wie möglich sein sollten. Vielleicht sehen Sie im Geiste vor sich, wie Sie Ihren neuen Arbeitsvertrag mit einem besonderen Füller oder einem anderen Stift, den Sie im Geiste schon dafür reserviert haben, unterschreiben. Vielleicht stellen Sie sich konkret die Szene vor, wie Sie Ihrer besten Freundin am Telefon überglücklich von dem wunderbaren Erfolg berichten: „Du glaubst es nicht. Stell dir vor, was heute passiert ist …“

Wichtig ist, was Sie dabei empfinden, wenn Sie die Bilder vor Ihrem geistigen Auge sehen.

Solange sich nicht ein feines, aber deutlich spürbares Glücksgefühl einstellt, ist das innere Bild noch nicht belebend und inspirierend genug. Stellen Sie sich vor, dass das Gewünschte jetzt eintritt, nicht erst in ferner Zukunft. Und vermeiden Sie Negierungen wie zum Beispiel „Ich bin jetzt nicht mehr unsicher“. In unserem Gehirn löst das Wörtchen „nicht“ keinen Reiz aus, kann also nicht verarbeitet werden. Übrig bleibt: „Ich bin jetzt mehr unsicher.“ Also formulieren Sie den Gedanken immer positiv: „Ich bin jetzt schon viel sicherer; ich genieße meine Fortschritte.“

8) Geben Sie die Kontrolle auf.

Ein Schaf rutscht eine Rutsche runter

Vielleicht ist das der schwierigste Punkt. Viele Menschen blockieren einen möglichen Wachstumsschritt und damit sich selbst mit dem Gedanken: „Ja, aber wie soll das denn gehen?“ Sie müssen nicht wissen, wie es geht. Wenn Sie sich aktiv dafür entscheiden und sich die innere Erlaubnis geben, dann beginnt eine eigene Dynamik, die wir mit unserem Misstrauen nur stören und behindern.

Ist der Mond jemals zu spät aufgegangen? Haben Sie das Wachstum Ihrer Haare oder Ihrer Nägel unter Kontrolle? Oder Ihren Herzschlag? Nichts davon können wir auch nur im Ansatz kontrollieren. Und trotzdem funktioniert es. Das können Sie hier doch auch mal probieren.

„Mach den ersten Schritt im Vertrauen.
Du brauchst nicht den ganzen Weg zu sehen.
Mach einfach den nächsten Schritt.“

Martin Luther King

9) Akzeptieren Sie Misserfolge.

Es ist nicht schön und es ist nicht sexy, und doch gehört es ehrlicherweise zur Reise dazu. Die Illusion: „Du kannst alles schaffen, wenn Du es nur richtig willst“ hat schon viele Menschen frustriert. Ihr Elefant scheut den Fehler und das Scheitern und bremst deshalb von Anfang an. Meine Botschaft für den Elefanten lautet: „Ich kann eine Enttäuschung überleben. Ich bin schon groß!“. Möglicherweise klingt das absurd für Sie. Aber

dieser Gedanke hat etwas Ermutigendes für mich.

Mit ihm habe ich viele Ziele angehen können, die für mich eigentlich eine Nummer zu groß waren. Manchmal, viel seltener als befürchtet, habe ich einen auf die Nase bekommen, weitergebracht hat es mich aber in jedem Fall.

Bereuen kann man nur, was man versäumt hat, nicht, womit man gescheitert ist.